BUCH Details

Hauptbeschreibung

Tolstoi schrieb mehr als zehn Jahre an dem Roman. Die Geschichte baut auf einem Gerichtsfall auf, von dem ihm ein Freund 1887 erzählt hatte. Tolstoi beendete die Arbeit an dem Roman 1899, da er mit dem Erlös die Auswanderungen der Duchoborzen aus Russland nach Kanada unterstützen wollte. Er erschien 1899 in Russland als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift Niwa in einer zensierten Fassung. Ebenfalls im Jahr 1899 wurde in England eine unzensierte Fassung veröffentlicht. Der Roman verursachte ein breites Echo in der literarischen Welt. Ein adliger Gutsherr, als Geschworener bei Gericht, erkennt in einer angeklagten Prostituierten ein von ihm verführtes Mädchen wieder, verführt in einer Osternacht, dem Fest der Auferstehung Christi. Er fühlt sich mitschuldig an ihrem Schicksal und bemüht sich um eine Urteilsrevision. Er erfährt die ganze Unvollkommenheit des damaligen Rechtssystems und folgt ihr schließlich in Zwangsarbeit und Verbannung. Eine Ehe mit ihm schlägt sie aus, obwohl oder eher weil sie ihn liebt. Sie hat vor, einen anderen Häftling zu heiraten.

Der Autor
Lew Tolstoi (1828-1910), berühmter russischer Schriftsteller. An der Universität Kasan begann er 1844 ein Studium der orientalischen Sprachen. Nach einem Wechsel an die juristische Fakultät brach er das Studium 1847 ab, um die Lage der 350 geerbten Leibeigenen im Stammgut der Familie in Jasnaja Poljana mit Landreformen zu verbessern. Von 1851 an erlebte er in der zaristischen Armee als Fähnrich einer Artilleriebrigade den Krieg im Kaukasus. Seine Erfahrungen im Militäreinsatz beeinflußten seine frühen Kaukasus-Erzählungen. Nach Ausbruch des Krimkriegs erlebte er 1854 den Stellungskrieg in der belagerten Festung Sewastopol. Die realistischen Berichte aus diesem Krieg machten ihn früh als Schriftsteller bekannt. Seit 1855 lebte er abwechselnd auf dem Gut Jasnaja Poljana, in Moskau und in Sankt Petersburg. Unter pädagogischem Blickwinkel bereiste er 1857 und 1860/61 westeuropäische Länder und besuchte Künstler (Charles Dickens, Iwan Turgenew) und Pädagogen (Adolph Diesterweg). Nach der Rückkehr verstärkte er seine reformpädagogischen Bestrebungen und richtete Dorfschulen nach dem Vorbild Rousseaus ein. Auch als die Schule durch die zaristische Verwaltung geschlossen worden war, verfolgte Tolstoi die pädagogischen Ziele weiter. In der sechziger und siebziger Jahren schrieb er die monumentalen Romane »Krieg und Frieden« sowie »Anna Karenina«, die seinen literarischen Ruhm begründeten. Mit seiner großen Anerkennung begann für Tolstoi eine Phase der Orientierungslosigkeit. Seine Sinnsuche brachten ihn dazu, auf Rauchen und Alkohol zu verzichten und sich vegetarisch zu ernähren. Seit 1881 hatte er sich intensiv religiösen Fragen zugewandt. Die Verbreitung seiner Anschauungen zog den Widerstand politischer und kirchlicher Einrichtungen nach sich. Auf seine Achtung im Ausland folgte seine Ächtung im Inland. Seit 1882 unterstand er polizeilicher Überwachung. Tolstoi lehnte sozialistische Bestrebungen im Sinne einer Diktatur des Proletariats ab. Mit seinem moralischen Rigorismus sah er sich in einem Zwiespalt: Sich selbst und der reichen Oberschicht, der er entstammte, warf er eine egozentrische und sinnentleerte Lebensweise vor. Seine Haltung führte ihn zu der Frage nach beständigen moralischen Werten, die er für sich mit dem Anspruch auf bedingungslose Nächstenliebe und radikale Gewaltlosigkeit beantwortete. Vor diesem Hintergrund galt Tolstoi in seinen späten Jahren als Vertreter eines religiös inspirierten Anarchismus. Neben staatlichen Willkürmaßnahmen wie der Hausdurchsuchung 1908, bei der alle auffindbaren Texte konfisziert wurden, verschärften sich auch familiäre Konflikte. Da seine Frau es ablehnte, die in seinem Testament dem russischen Volk vermachten literarischen Werke als gemeinsame Besitztümer des Volkes anzusehen, verließ Tolstoi mit seinem Arzt und seiner jüngsten Tochter die Familie zu einer letzten, spektakulären Reise in Richtung Süden. Auf dieser Reise in einem offenen Zug erkrankte er an einer Lungenentzündung und starb am frühen Morgen des 20. November 1910 im Haus des Bahnhofsvorstehers von Astapowo.

Der Übersetzer
August Scholz (1857-1923) war vor allem als Übersetzer Gorkis bekannt geworden, hat sich aber auch als publizistischer Vermittler russischer Literatur einen Namen gemacht. Er erlernte im Kontakt mit russischen Mitschülern die russische Sprache. In den 1870 Jahren studierte er zunächst Jura in Berlin und wechselte zur nordischen, schließlich zur slawische Philologie über. Anfangs schrieb er unter dem Pseudonym Thomas Schäfer. Bis 1913 war Scholz Lehrer an einer Berliner Mittelschule. Scholz lernte Gorki bereits 1901 auf einer Rußlandreise kennen. Er war der einzige Übersetzer, dessen Übertragung Gorki autorisiert hat. Er war auch mit Leonid Andrejew bekannt. Scholz hat sich mit Übersetzungen von Ryleev, Gogol, Dostojewski, Tolstoi, Kolzow, Tschechow und Andrejew hohes Ansehen erworben. Noch heute werden von Scholz übersetzte Stücke an deutschen Bühnen aufgeführt, wie beispielsweise 2013 Maxim Gorkis Sommergäste in der Regie von Alvis Hermanis an der Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin oder 2016 Nikolai Gogols Komödie Der Revisor in der Regie von Sebastian Hartmann am Schauspiel Frankfurt.

Der Illustrator
Jewgeni Jewgenjewitsch Lansere (1875-1946), russischer Maler und Illustrator, Mitglied der Künstlervereinigung Mir Iskusstwa. Unter dem Einfluss Alexander Benuas und Konstantin Somow stehend, entwickelte Jewgeni Lansere einen Stil, der Elemente der Barockkunst mit der Ornamentik des Jugendstils verband. Er arbeitete zunächst hauptsächlich als Illustrator von Zeitschriften und Büchern, oft zu historischen Themen, die er mit dokumentarischer Genauigkeit wiederzugeben versuchte.Lancere arbeitete von 1912 bis 1914 an Illustrationen für Tolstois »Hadschi Murat«. Der Künstler besuchte die Orte im Kaukasus, an denen sich die Geschichte abspielte. Unter den Illustrationen sind viele Porträts, alle dokumentarisch. Einige basieren auf Fotografien aus den Jahren 1851 und 1855. Alexeij Sidorov bewertete Lanceres Illustrationen mit den Worten: »Dies ist in der Tat ein Bespiel für das Werk eines Künstlers, der den Kaukasus persönlich gesehen und geliebt hat, ein Künstler, der in seinen Buchillustrationen die Schönheit und den Erkenntniswert der Bildinformation bewahrt.«